Schilder verstehen!

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Im Wr. Neustädter Spital ist mir beim Warten dieses Schild aufgefallen.

Ich habe zuerst das Schild mit meinem italienischen Verstand gelesen. In Italien kann es leider vorkommen, dass Leute durch Geldbestechung sehr schnell einen Termin für einen Facharzt oder eine Fachuntersuchung bekommen. Geld ermöglicht das, was das normale Medizinsystem nicht schafft!

Ich habe mir gleich gedacht: „Nein, die Korruption hat auch hier Fuß gefasst und die MitarbeiterInnen im Spital werden jetzt auch durch Geld bestochen! Schade!“.

Kurz nach dieser Anmerkung hat sich aber in mir der österreichische Verstand eingemischt und mit Erleichterung habe ich die Botschaft neu interpretiert und genau verstanden! Es geht um das Trinkgeld!

Die italienische Art ist, Geld im Voraus zu zahlen, wenn man etwas Gescheites bekommen will, und die österreichische Art ist, Trinkgeld zu geben, wenn man mit einer gescheiten Leistung zufrieden ist. Die richtige Auffassung geht von dieser Feststellung aus!

Die korrekte Aufnahme einer Botschaft hat also sehr stark mit den kulturellen Hintergründen im Kopf der LeserInnen zu tun. Daher ist es wichtig, den Text einer Fachperson anzuvertrauen, die in der Lage ist, die Inhalte sinnhaft, zielgerichtet und angepasst an die kulturellen Begebenheiten zu übersetzen.

Neben der Mitteilung auf Deutsch war auch die entsprechende Übersetzung ins Türkisch. Es wäre interessant zu wissen, ob die Übersetzung in dieser Hinsicht gelungen ist!

Ich bin da ein bisschen komisch…

Meine älteste Tochter besucht gerade die 1. Volksschulklasse und vor ein paar Tagen bei einer Leseübung mit dem Titel „Antonio aus Italien“ wurde sie von der Lehrerin gefragt, wie man auf Italienisch „Mahlzeit“ sagt. Die Frage wurde ihr gestellt, weil die Lehrerin weiss, dass sie zweisprachig Italienisch-Deutsch aufwächst.

Sie konnte auf der Stelle nicht antworten. Die anderen Kinder haben dafür gleich gewusst und „Buon appetito“ gesagt.

Zu Hause hat sie mir alles erzählt und ich habe sie gleich gefragt, wieso sie es nicht wusste. Das Wort sagen wir eh oft zu Hause. Ihre Antwort war: „Mama, du weisst, ich bin da ein bisschen komisch: Wenn ich in Österreich bin, kann ich nur Deutsch. Wenn ich in Italien bin, dann kann ich plötzlich alles auf Italienisch sagen!“.

Ja, so ist sie wirklich! Zweisprachige Kinder können interessanterweise nicht immer gleich sagen, wie ein Wort in die andere Sprache übersetzt wird. In ihrem Kopf laufen die zwei Sprachen selbständig nebeneinander auf zwei verschiedenen Schienen.

Kinder wissen schon von Anfang an, dass eine Sprache eine eigene Welt für sich ist. Mit einer Sprache verbinden sie besondere Situationen, Gefühle, Emotionen, Erinnerungen, Erlebnisse, Erfahrungen, die sie auf Anhieb nicht mit einem anderen Kommunikationssystem ausdrücken können.

Wir Erwachsene verlangen eine Übersetzung, eine Bindung zwischen den zwei Sprachen, weil dies für uns logisch erscheint, aber Kinder wissen ganz genau, dass Übersetzungen nicht immer wortwörtlich sein können, und halten daher ihre zwei Sprachwelten voneinander getrennt.

Zweisprachigkeit bedeutet also nicht gleich Übersetzerfähigkeit. Daher ist es von Vorteil zwei- oder mehrsprachig aufzuwachsen, aber die Kunst der Übersetzung soll erst im erwachsenen Alter erlernt werden!

Wörter sind trügerisch!

Im September habe ich mir nach langer Zeit ein Theaterstück mit dem Namen „Was wahr war“angeschaut.

Es ist darum gegangen, dass die Wahrheit manchmal sehr schwer zu beurteilen ist. Der Regisseur, Michael Engler, behauptet in seinem Vorwort, dass wir immer auf der Suche nach der Wahrheit sind, aber unser Gehirn nur das aufnimmt, was ihm gerade notwendig erscheint. Wir schmücken Erlebtes aus, erfinden Geschehenes hinzu, meint er.

Wörter sind trügerisch, denn was der eine meint, wird vom anderen noch lange nicht exakt so verstanden. Je geringer der Wortschatz, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass man nicht einmal ausdrücken kann, was man tatsächlich erlebt hat.

Also erst nach dieser Betrachtung kann man wirklich nachvollziehen, was für ein mächtiges und gleichzeitig faszinierendes Mittel die Kommunikation ist. Nicht nur das Verständnis der Fremdsprache ist notwendig, sondern auch der Wortschatz, der Ausdruck und die Kenntnis der kulturellen Hintergründe in der Zielsprache.

Ein Sprachkurs kann also dabei helfen, die besten Kompetenzen zu erlangen!

Wurden Sie schon einmal in Ihrer Muttersprache vollkommen missverstanden? Stellen Sie sich vor, was dann geschieht, wenn zwei Sprachen im Spiel sind!

Retourkutschen

Schon einmal eine Retourkutsche erlebt?

Vor ein paar Jahren, als ich noch keine Kinder hatte, war ich im Kino und neben mir saß ein Mann, den ich gleich als äußerst komisch empfunden habe. Er war mit zwei jungen Menschen unterwegs, wahrscheinlich seinen Kindern. Für mich war damals wirklich unklar, was er mit seinem Verhalten beabsichtigte: Er sprach nur Italienisch und die anderen zwei antworteten nur auf Deutsch.

Die Situation war für mich so ungewöhnlich, dass ich nicht mehr wusste, ob er ein Italiener war oder er sich einfach einbildet, er soll Italienisch mit den Kindern reden. Über eines war ich mir aber mehr als sicher: Der Mann war echt komisch!

Heute verstehe ich alles und… ich befinde mich genau in derselben Situation wie er! So ist das Leben! Wer hätte es gedacht? Ich will nicht wissen, wie viele Leute auch denken, dass ich komisch sei, wenn ich unterwegs mit meinen Kindern bin! Ich spreche ausschließlich Italienisch mit ihnen und sie antworten mir auf Deutsch!

Wenn wir in Italien sind, glaube ich oft, ich erkenne meine Kinder nicht mehr! Da wird plötzlich nur Italienisch gesprochen und die Kommunikation funktioniert! Warum denn nicht mit mir? Vielleicht, weil wir uns sowieso auf Deutsch oder Italienisch verstehen!

Das ist eine Facette der Zweisprachigkeit! Ja, ich hätte mir wirklich gewünscht, dass meine Kinder mit mir nur Italienisch reden würden, aber es ist halt nicht so!

Deutsch ist die Sprache, die sie täglich im Kindergarten, in der Schule und für die Kontakte mit der Umwelt brauchen, es ist ihre Bildungssprache und daher eindeutig und richtigerweise die dominante Sprache.

Ich habe aber zum Glück ein Ass im Ärmel: Ihre Herzsprache, das heißt die Sprache der Gefühle und der Emotionen, ist eindeutig Italienisch! Die Herzsprache ist mächtiger, als man denken könnte, und irgendwann wird sie auch ihren richtigen Platz in ihrer Zweisprachigkeit einnehmen!

Hoffentlich! 😉

Rassismus existiert doch in Österreich!

Es mussten 13 Jahre vergehen, bis ich in Österreich Rassismus erleben durfte!

Ich war vor ein paar Tagen mit meinen zwei Töchtern vor einem Supermarkt und habe mit ihnen Italienisch gesprochen. Plötzlich steht vor mir ein älterer Mann um die 70 Jahre. Er schaut mich ganz ernst an und fordert mich auf, mit meinen Kindern Deutsch zu reden, weil wir in Österreich sind.

Ich mache ihn aufmerksam, dass ich mit ihm gerade einwandfrei Deutsch rede und meine Kinder sowohl Deutsch als auch Italienisch perfekt sprechen können. Das interessiert ihn aber nicht im Geringsten und er spricht weiter. Wir sind in Österreich und da wird nur Deutsch gesprochen! Wenn ich eine andere Sprache sprechen möchte, soll ich nach Hause zurückfahren! Sein Ton war harsch und sein Blick böse.

Er hat meine Antworten kaum gehört und mir dann die Frage gestellt: „Wollen Sie da bleiben? Sagen Sie, wollen Sie da bleiben?“

Ja, sicher will ich da bleiben! Da ist meine Familie, meine Arbeit, meine neue Wahlheimat! Eine Fremdsprache in der Öffentlichkeit zu sprechen sagt überhaupt nicht aus, wie gut oder schlecht ich in der Gesellschaft integriert bin!

Nein! Ich wollte diesem bösen Menschen einfach nicht mehr weiter zuhören! Ich habe meine Kinder gepackt, die mit großen Augen die spannende Konversation mitverfolgt haben, und bin weitergegangen. Statt ihm „Auf Wiedersehen“ zu sagen, habe ich ihm nur gesagt: „Gott sei Dank trifft man so böse Leute wie Sie sehr selten!“

Schade, dass er in so einem hohen Alter noch nicht verstanden hat, dass das Leben ein Miteinander und kein Gegeneinander ist und die Diversität die Menschheit nur bereichern kann!

Speisekarten

Kennen Sie diese Situationen, in denen Sie in der letzten Sekunde nicht mehr wissen, ob Sie gerade das Richtige tun? Mir ist es vor ein paar Tagen passiert. Ich bin in ein Gasthaus hineingegangen, wo ich vor Monaten mit Freunden war. Ich habe gleich den typischen Gestank einer schmutzigen Küche gerochen und mir ist fast der Hunger vergangen. Ich bin geblieben, aber am besten hätte ich mir ein anderes Lokal ausgesucht!

10453381_10202357542201702_5752520401731286189_n[1]Würden Sie auch am liebsten das Lokal gleich verlassen, wenn Sie eine solche Speisekarte wie diejenige hier zu lesen bekommen?

 

 

Tortello bitter, Makkaroni drücken Sie die Bauern, Lilien mit Garnelen! Bei so vielen guten Sachen gibt es nur die Qual der Wahl, oder? Die englische Übersetzung ist auch nicht besser mit ihrer Maccaroni press to the farmer & co.

Vertrauen Sie eigentlich der Küche eines Lokals, das nicht einmal fähig ist, seinen KundInnen eine gepflegte Speisekarte anzubieten? Wenn das Restaurant schon an der Speisekarte scheitert, wie sieht es dann mit Sauberkeit, Zutatenauswahl und -verarbeitung aus?

Die Speisekarte ist die Visitenkarte eines Restaurants und ich bin vollkommen überzeugt, eine gepflegte Speisekarte ohne grobe Übersetzungsfehler ist ein Zeichen, dass der Kunde nicht als reine Geldquelle, sondern als geschätzter und wertvoller Konsument  gesehen wird!

Picobello: Was bedeutet das eigentlich auf Italienisch?

Wussten Sie, dass dieses Wort auf Italienisch keine Bedeutung hat?

Picobello ist ein umgangssprachlicher Begriff, der hier in Österreich sehr gerne verwendet wird. Damit wird gemeint, dass etwas ganz schön sauber und in Ordnung ist. Würden Sie aber in Italien das Wort „picobello“ verwenden, würde Sie kein Mensch verstehen…

„Alles paletti“ klingt auch Italienisch, aber auch dieser Ausdruck hat für die ItalienerInnen keine Bedeutung!

Für beide Ausdrücke gibt es Vermutungen, wie sie entstanden sind, aber eines ist sicher: „alles picobello“ und „alles paletti“ sind keine italienische, sondern echt umgangssprachliche deutsche Ausdrücke!

Anders ist für Wörter wie Ambiente oder Gusto. In diesem Fall könnte man behaupten, man verwendet italienische Wörter, aber sie werden auf Deutsch mit einer anderen Bedeutung als auf Italienisch verwendet! Es handelt sich in diesem Fall um sogenannte „falsche Freunde“!

Dazu gehört auch das Wort „prima“. In Österreich wird es kaum verwendet, aber die Deutschen lieben es! Vor ganz vielen Jahren war eine italienische Freundin von mir in Deutschland und kündigte der Gastfamilie an, um wie viel Uhr sie abgereist wäre. Auf die Antwort „prima“ antwortete sie irritiert. Prima bedeutet auf Italienisch „früher“ und sie konnte sich nicht erklären, aus welchem Grund die Gastfamilie wollte, dass sie früher abreist…

Es ist nicht immer einfach mit den Sprachen oder liegt die Faszination eben darin?

A propos: Picobello könnte man auf Italienisch mit lindo e pinto übersetzen und alles paletti mit tutto a posto. Ambiente wird vor allem in Österreich und – ich schätze – auch in Süddeutschland in Sätzen wie „Das Ambiente ist in dem Restaurant sehr schön“ verwendet. In dem Fall würde man auf Italienisch sagen: „il ristorante è molto bello“ und Gusto ist eher „voglia„: Ich habe ein Gusto auf Pizza -> Ho voglia di mangiare una pizza!

Prima / Perfetto!

Werner Faymann, Joseph Bucher und… die unbekannten bekannten Modalpartikeln

Modalpartikeln stehen den Deutschsprechenden wirklich sehr nah, aber die Wenigsten  sind sich dessen bewusst! Wenn man das Wort „Modalpartikeln“ erwähnt, folgt höchstwahrscheinlich die Frage, was da genau gemeint ist. Unter dem Begriff fallen bloß, denn, doch, eben, eigentlich, einfach, etwa, halt, ja mal, nur, schon, vielleicht, wohl. Es handelt sich also dabei um Wörter, die sehr oft verwendet werden.

Ihre Wichtigkeit? Sehr hoch! Damit kann der Sprecher seine Gefühle, Erwartungen und Annahmen ausdrücken und seine Einstellung zur Situation aussagen.  Sie werden meistens in der gesprochenen Sprache verwendet. Je informell die Gesprächssituation ist, desto höher ist ihre Verwendung.

Was haben nun die Modalpartikeln mit den Politikern zu tun? Ich habe kein Wahlrecht in Österreich, da ich italienische Staatsbürgerin bin, aber mir ist das Programm auf ORF 2 „Wahl 2013“ mit Ingrid Thurner vor ein paar Tagen nicht entkommen! Die Journalistin hat Joseph Bucher und den aktuellen Bundeskanzler Werner Faymann interviewt. Gerade durch die Verwendung der Modalpartikeln hat die Fr. Thurner ihre Einstellung enthüllt.

Sie benützt oft und gerne Modalpartikeln, aber jedes Mal, dass sie mit dem BZÖ-Spitzenkandidat gesprochen hat, war die Häufigkeit von doch, doch einmal, ja, schon höher als sonst. Dies zeigt, dass sie nicht gerade ein BZÖ-Fan ist.

Die Frage, ob eine Journalistin ihre Einstellung im Rahmen eines Interviews mit Politikern aus verschiedenen Parteien irgendwie zeigen darf, ist dahingestellt. Ich persönlich finde Modalpartikeln ein echt faszinierendes Eigenmerkmal der deutschen Sprache! Es handelt sich um sehr kurze, immer unbetonte Wörter, aber sie üben eine große Macht in der Sprache! War es Ihnen doch bewusst?

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